Alter Kirchhof Schöneberg

Ein Geschichtsbuch Schönebergs

Er wirkt nicht groß, so wie er zwischen Haupt- und Belziger Straße sowie Wohnhäusern daliegt. Gerade einmal zwei Hektar umfasst der Alte Kirchhof Schöneberg. Vermutlich existierte der Friedhof schon im 13. Jahrhundert – ebenso wie die Dorfkirche Schöneberg, Mutterkirche des Bezirks Schöneberg.

Sanft steigt das Gelände von der Belziger Straße im Norden zur Hauptstraße im Süden an; eine grüne Oase mit alten großen Bäumen. Links und rechts entlang der Mauer stehen Erbbegräbnisstätten und Mausoleen. Sie berichten über Familien und deren Schicksale, von Heimat- und Weltgeschichte. Entlang der Seitenwände finden sich die Mausoleen und Grabmäler der alteingesessenen Schöneberger Familien, der so genannten "Millionenbauern". Heute sind sie größtenteils in Urnenhallen umgewandelt.

Einst trat einem Weltgeschichte gegenüber, wenn man vor den Gräbern von Gefallenen der beiden Weltkriege stand. Vater und Sohn im 2. Weltkrieg gefallen, im Abstand von nur 5 Monaten. Ein junger Gefallener nur zwei Tage vor der Kapitulation 1945. Eindrücklicher als es jedes Geschichtsbuch vermitteln könnte. Diese Gräber befinden sich nun auf dem Neuen Zwölf-Apostel-Kirchhof, umgebettet im Jahr 2015. Ihrer wird hier aber noch durch ein Mahnmal gedacht.

Aber auch der persönliche Aspekt von Trauer wird in den Grabinschriften deutlich: „Unserem Liebling zum Gedenken“, lesen wir und „meine geliebte Fee“, „Müh und Arbeit war sein Leben“ oder „Rührende Herzensgüte und nie rastende Fürsorge waren die Seele seines Waltens bis zur letzten Lebensstunde“. Und ganz modern findet sich auch ein WLAN-Zeichen auf einem Grabstein. Die Geschichte hinter jeder einzelnen Grabinschrift wäre sicherlich eine Erzählung wert.

Auch die eingravierten Berufsbezeichnungen geben Raum für Geschichten: Fuhrherr, Baurat, Bahnmeister, Stadtrat, Amtsgerichtsrat und Rittergutsbesitzer. Auch ein „Professor und Lehrer“ sowie „Altmeister der Trompetenkunst“ ist dabei.

In ihrer Vielfalt sind die Begräbnisstätten und Mausoleen, unbestechliche Zeugen des sich verändernden Zeitgeschmacks: vom Rokoko des Epitaphs für den königlichen Hoftapezierer, „Tapecirer“ Thomas Feger (1643-1718) an der südlichen Kirchenwand über Art-Déco-Grabmäler bis hin zu einem gläsernen Grab“stein“  eines Schöneberger Glasers oder einem geschmiedeten Grabmal eines Goldschmieds.

Für Schöneberg bedeutende Persönlichkeiten ruhen hier: die Architekten Friedrich Ludwig Wilhelm Stier (1799-1856) und Franz Heinrich Schwechten (1841-1924), die Kommunalpolitiker Walter Voßberg (1880-1910), Johann Adolph Albert Friedrich Feurig (1830-1890), Fritz Heyl (1833-1908) und Gustav Adolph Müller (1846-1904), der Theologe und Historiker Ferdinand Ludwig Frege (1804-1883) und der Widerstandskämpfer und Jurist Friedrich Justus Leopold Perels (1910-1945), nicht zu vergessen Mitglieder der Schöneberger Bauernfamilie Willmann, die nach 1760 aus einem Dorf beim Kloster Lehnin zugezogen war. All diese Namen finden sich in den umliegenden Straßen wieder.

Viel Freude wünschen wir beim Erkunden dieses ruhigen Schmuckstücks inmitten der tosenden Großstadt.

 

Der Kirchhof ist durchgängig geöffnet.

 

Alter Kirchhof Schöneberg - Hauptstr. 48 II, 10827 Berlin 
Tel. 030 781 71 96 - kirchhof@alt-schoeneberg.de

kirchhof@alt-schoeneberg.de